Bericht: Rüstzeit in Zinnowitz 2025
Rüstzeit in Zinnowitz vom 26.3. bis 4.4.2025
In diesem Jahr reisten wir zum ersten Mal mit einer Gruppe von „Roller und Latscher“ nach Zinnowitz auf die Ostseeinsel Usedom. Die erste Herausforderung war wieder einmal die Anreise. Mit dem Großteil der Gruppe trafen wir uns Freitag früh auf dem Berliner Hauptbahnhof. Alle waren pünktlich und freuten sich auf die Reise. Karin begleitete uns zusätzlich auf der Fahrt. Durch andere Rüstzeiten mit „Roller und Latscher“ hat sie Erfahrung mit den Bahnfahrten und konnte die Gruppe beim Ein- und Umsteigen gut unterstützen. So waren wir mit 15 Personen unterwegs. Die Organisation der Reise lag vor allem bei Stefan. Ihm fiel sichtlich ein Stein vom Herzen, als alle 4 Rollis Platz im Zug Platz gefunden hatten. In Züssow mussten wir umsteigen. Die Zugbegleiterin legte für die Rollis eine Rampe an. So verlief das Ein- und Aussteigen in die Usedomer Bäderbahn problemlos. Auch in diesem kleinen Bähnchen reichte der Platz für alle Rollstühle. Am Bahnhof Zinnowitz stand ein Kleinbus bereit, mit dem unser Gepäck zum Hotel gebracht wurde. So konnten wir uns unbeschwert auf den kurzen Weg zu unserer Unterkunft machen. Drei weitere Rollifahrerinnen reisten mit Autos an. Doreen mit Ihrer Mutter Hannelore und Jacqueline wurden von Reiner Rühle mit einem Kleinbus nach Zinnowitz gebracht. Baschka mit Sabine und Doris mit Christa reisten mit eigenen PKWs an. Als wir die „casa familia“ betraten, merkten wir gleich, dass dies ein einzigartiges Hotel ist. Wir staunten darüber, dass wir nicht die einzigen Roller im Haus waren. Hier ist das Normalität. Der Hausmeister montierte sogar selbstverständlich und in kurzer Zeit bei Bedarf ein zweiten Griff neben der Toilette. Das ist einzigartig! Das Familienhotel ist vor allem aber auch sehr kinderfreundlich. Jetzt zur Schulzeit waren viele Eltern und Großeltern mit kleinen Kindern im Haus. Ein munteres fröhliches Treiben. Die „casa familia“ liegt unmittelbar an einem barrierefreien Strandzugang. So konnten wir noch vor dem Abendessen am Strand mit Sekt und Limo auf Hannelores 85. Geburtstag anstoßen. Das Abendessen war dann für viele die nächste freudige Überraschung. Das Büfett ist sehr vielfältig. Am Abend gibt es verschiedene warme Gerichte, viele Salate und Nachspeisen. Jeder kann sich aussuchen, was er essen möchte und so viel essen, wie er oder sie will. Zu jeder Mahlzeit gibt es zwei Essenzeiten. Beim Frühstück waren die Bedürfnisse in der Gruppe sehr unterschiedlich. Daher aßen wir in zwei Gruppen. Die Frühaufsteher saßen schon um halb 8 zu Tisch. Katrin, ich und andere Teilnehmer konnten ausschlafen und verließen dann erst um halb elf nach dem reichlichen Mahl das Restaurant. Für das Abendessen konnten Stefan und Anja kurzfristig mit dem Service absprechen, dass wir einen separaten Raum nutzen durften. Darüber freuten wir uns sehr. Hier konnten wir nun alle gemeinsam essen und anschließend den Tag ausklingen lassen. Gleich für den zweiten Abend hatte Stefan Theaterkarten besorgt. In der „Blechbüchse“ Zinnowitz erlebten wir einen lustigen Theaterabend. Nach einer englischen Komödie wurde das Stück „Ladies Night“ aufgeführt. 6 junge Männer bekommen vom Arbeitsamt keinen Job. Als einer von ihnen aus der Kneipe flog, schlug dieser vor, dass sie als Striptänzer Geld verdienen könnten. Dies führt zu allerlei skurrilen Szenen. Am Sonntag fanden wir uns nach dem Frühstück zu einer Andacht ein. Da ein Teil der Gruppe von den Seminaren in Hirschluch mit Rudi Panke schon damit vertraut war gemeinsam Werkstattgottesdienste zu gestalten, trauten wir uns das zu. So lasen wir Texte und Gedichte, hörten Musik, sangen und kamen ins Gespräch zum Thema „Was mir Mut macht“. Die Woche über wechselten jeweils Tage mit gemeinsamen Aktivitäten mit Tagen, ohne gemeinsames Programm. Da Strandpromenade, Seebrücke, Läden und der Bahnhof problemlos erreichbar sind, fand sich für jeden die passende Möglichkeiten. An einem Tag fuhren wir eine Station mit der Bahn nach Trassenheide. Dort besuchten wir gemeinsam die Schmetterlingsfarm. In der 2600 Quadratmeter großen Tropenhalle werden bis zu 2000 freifliegende, tropische Schmetterlinge in rund 60 Arten gehalten. Besonders erfreute ich mich an den großen leuchtend blauen Schmetterlingen. Manche schauten sich noch weitere kleine Museen in der Nachbarschaft der Schmetterlingsfarm an. Am Ende der Woche eroberten wir den Baumwipfelpfad in Heringsdorf. Mit einem Aufzug gelangten wir an den Beginn des Weges. Auf einem Steg in Höhe der Baumkronen liefen oder rollten wir eine lange Strecke. Auf dem Weg gab es immer wieder interessante Informationspunkte zur Tier- und Pflanzenwelt. Für Kinder gibt es eine Comic-Rallye, bei welcher verschiedene Fragen beantworten können. Zum Aussichtsturm ging es dann mit 6% Steigung bergauf wie auf einer quadratischen Spirale. Die Aussichtsplattform in 75m Höhe ist der höchste Punkt der Insel Usedom. Sie bietet eine wunderbaren Blick über den Wald, die Ostsee und den Ort Heringsdorf mit seinem Riesenrad und der Seebrücke. An einem Abend nach dem Abendessen wurde unser Raum zur Spielhölle: Anja und Stefan hatten im Internet neue Spiele gefunden, die sich ein Altenpfleger ausgedacht hat. Wie kann man mit Toilettenpapierrollen und einem Deckel vom Marmeladenglas spielen? Ganz einfach: Indem ich mit der Toilettenpapierrolle den Deckel bewege bis er in das Tor des Gegners gelangt. Eine Reihe flachliegender Bücher verhindert, dass der Deckel seitlich vom Tisch fällt. Oder: Tischtennisbälle auf die 24er Eierpackung springen zu lassen. Mit Übung wurde ich immer besser. Alle fanden Herausforderungen und Spaß. Ich finde diese Spiele toll. Danke Anja! Zum Abschied gingen wir am letzten Abend auf die Seebrücke und haben auf die erlebnisreichen Tage angestoßen. Der milde Abend mit der untergehenden Sonne war ein Geschenk! Auf dem Rückweg hatten die Bahnfahrer Pech: In Eberswalde mussten wir den Zug verlassen. Vor Bernau war ein Unfall. Von der Bahn wurden wir auf den Schienenersatzverkehr mit Bussen verwiesen. Als wir 4 Rollis mit unseren Latschern am Busbahnhof ankamen, war der Bus schon überfüllt und fuhr gerade weg. Also begaben wir uns wieder zurück auf den Bahnsteig. Der nächste Zug fiel aus. Unsere Nerven lagen blank. Erst nach zwei Stunden kam eine Bahn. Die Zugbegleiterin half uns. Sie musste allerdings das Abteil noch durch die Polizei von Fahrrädern räumen lassen. Als wir in endlich in Berlinaussteigen konnten, waren alle erleichtert und erschöpft. In diesen Tagen lebten wir wie in einer großen Familie. Wir achteten aufeinander. So wechselten sich Thomas und Thilo ab, Doreen im Rollstuhl zu schieben. Andere hatten immer im Blick, wer gerade noch fehlt oder halfen einander mit nützlichen Dingen aus. Das Personal im Haus vom Restaurant bis zum Hausmeister war durchweg ungewöhnlich freundlich und hilfsbereit. Ein großes Dankeschön im Namen der ganzen Gruppe auch an Stefan und Anja für Vorbereitung und Durchführung dieser schönen Reise!